Herr Faneyawa Soumah ist ein Fischer. Mit seinen über 70 Jahren ist er ein wenig untypisch, weil sein Alter ihn nicht davon abhält, den ganzen Tag auf der Plattform des Boulbinet-Hafens in Guinea allgegenwärtig zu sein, um verschiedene Arten von Konflikten zwischen den Hafenbenutzern, aber auch zwischen ihnen und der Fischereiverwaltung zu lösen. Er wird wegen seines Alters gemeinhin Dekan genannt, aber auch für sein großes Geschick, Konflikte aufzulösen, bei denen die Verwaltung angesichts des sozialen und politischen Charakters der handwerklichen Fischerei Schwierigkeiten hätte.

Am Rande des 9. Forums der Regionalen Partnerschaft für den Schutz von Küsten- und Meeresgebieten in Westafrika (PRCM), das vom 23. bis 27. Oktober 2017 in Conakry stattfand, befragte Mundus maris ihn zu den verschiedenen Rollen der Ozeane, ihrem aktuellen Gesundheitszustand und den Maßnahmen, um den negativen Trend umzukehren.

MM: Guten Tag, Dekan Soumah, würden Sie sich bitte vorstellen?

Dekan Soumah: Mein Name isy Faneyawa Soumah. Ich bin der nationale Koordinator für die Anlandeplätze der handwerklichen Fischerei in Guinea. Aber wie Sie sehen können, befindet sich mein Hauptsitz hier in Boulbinet.

MM: Was verbindet Sie mit dem Ozean? Warum engagieren Sie sich in solch hohem Maße?

Dekan SoumahUnsere Verbindung mit dem Meer (also mit dem Ozean) ist in erster Linie kultureller Natur. Wer mit dem Verhältnis zwischen Seefahrern und dem Meer nicht vertraut ist, sieht nur eine wirtschaftliche Beziehung. Es ist wahr, dass wir unser Einkommen aus der Fülle des Meeres beziehen, oder, wenn Sie so wollen, aus den Ozeanen, die uns Fische und Schalentiere liefern, die wir verkaufen, um unsere Lebensbedürfnisse zu befriedigen. Zum Beispiel, viele Fischer und Fischerfrauen, die Sie um uns herum sehen, kleiden, füttern, schicken ihre Kinder dank dieser Großzügigkeit der Ozeane zur Schule.

Oh ja, das stimmt, aber die kulturelle Dimension ist allgegenwärtig.

Unsere Verbindung mit dem Meer ist tief. Als Sie auf der Hafenplattform ankamen, gingen Sie in mein Büro und Ihnen wurde gesagt, dass ich auf dem Dock war, um ein Problem zu beheben. Dies ist ein Weg, den ich jeden Tag nehme, um die Fischer von der Verwendung der schädlichen Monofil-Netze abzuhalten. Sie sehen überall, dass sie weitermachen. Aber weil ich mich verpflichtet fühle, selbst wenn ich alleine weitermachen müsste, werde ich das bis zu meinem letzten Atemzug tun.

Und Sie fragen mich, warum all dieses Engagement? Das hängt einfach mit den vorher erklärten Gründen zusammen. Wie können wir diese Großzügigkeit der Ozeane schätzen und das Meer dann missbrauchen, ohne etwas gegen die Bedrohungen zu unternehmen, denen die Meeresumwelt heute ausgesetzt ist? Es ist einfach zu reden, aber ich möchte mich nicht darauf beschränken. Wir müssen handeln, auch wenn unsere Aktion nur ein kleiner Tropfen Wasser im Ozean ist. Wenn jeder seinen eigenen Tropfen mitbrächte, könnten wir vielleicht einen Ozean bilden. Für mich, uns nicht zu engagieren – „uns“ das sind all jene, die diese Großzügigkeit der Ozeane nutzen und fangen wir gleich an mit uns, den Fischern – bedeutet es schlicht und ergreifend „kollektiven Selbstmord“ zu begehen.

MM: Welche drei Bedrohungen betrachten Sie als die wichtigesten? und können Sie uns erklären warum?

Dekan SoumahEs gibt drei Arten von Bedrohungen. Erstens gibt es die Unordnung, die – für Menschen meines Alters, die etwas anderes erlebt haben – zu einer Deregulierung in unserem Land, in Afrika und sogar auf globaler Ebene führt. Diese Deregulierung wird durch das Fehlen von Moral diktiert. Ich habe den Eindruck, dass es keine Moral mehr gibt. Und wenn es keine Moral gibt und nur das große und schnelle Geld zählt, macht die Zukunft keinen Sinn. Und aus dieser Perspektive gibt es keinen Grund mehr für ein Gewissen: Wir plündern, wir verschmutzen unabhängig von sozialen, kulturellen oder ökologischen Kosten. Zweitens hat man den Eindruck, dass die Verwaltungen früher mehr Durchsetzungskraft hatten, die verschiedenen Unternehmen zu sanktionieren, die die Ozeane nutzten, um zu fischen, die Mineralien auf See auszubeuten oder Kohlenwasserstoffe (Öl) zu transportieren. Die Ozeane sind zu Abfalleimern für diese Unternehmen geworden. Es ist für uns in Afrika (im Vergleich zu den reichen Ländern) besorgniserregender, wenn die Schwäche unserer Staaten es nicht erlaubt, Sanktionen gegen diese Unternehmen zu verhängen und durchzusetzen, die gleichzeitig Umweltverschmutzer und Plünderer sind.

Und schließlich, reden wir über uns selbst, die Fischereigemeinschaften. Es herrscht unter vielen von uns ein verbreiteter Fatalismus. Diese Situation wird durch die Tatsache verschärft, dass die Verwaltungen und die NRO es versäumt haben, auf der Ebene der Gemeinden, der Häfen, dh dort, wo das Problem liegt, zu investieren. Wenig oder nichts wurde in einem vorrangigen Bereich wie der Umweltbildung mit geeigneten Instrumenten getan, die die Gemeinden dazu ermutigen, zu handeln, nachdem sie sich der künftigen Herausforderungen bewusst geworden sind. Es ist gut, „regional, global“ zu denken, aber alles muss in unseren eigenen Orten beginnen, dort, wo wir leben und arbeiten. Sonst sind all diese Bemühungen wahrscheinlich umsonst und die Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Ozeane geschieht in einem raschen Tempo und wartet nicht auf uns (bis wir das verstehen).

MM: Was betrachten Sie als vordringliche Maßnahmen, um diesen Bedrohungen zu begegnen?

Dekan Soumah: Die Priorität ist, bereits vor dem Nachdenken über bestimmte Aktionen die Menschen darauf aufmerksam zu machen, dass jede Handlung in der Gemeinschaft verankert sein muss, weil das Problem von den Menschen in der Gemeinschaft verstanden werden muss. Aber alles ist uns ein Anliegen, als Teil unserer Verantwortlichkeiten in Guinea und in der Region. Von diesem Standpunkt aus müssen wir es auch wagen, unseren Ansatz zu ändern. Das heißt, statt nur große Treffen zu organisieren, die teuer sind, ohne (immer) wirklich konkrete Auswirkungen zu haben, ist es notwendig, diese mit lokalen Initiativen zur Umwelterziehung zu verbinden. Insbesondere müssen NROs und andere international engagierte Akteure die Fischereigemeinden dabei unterstützen, einige grundlegende Kenntnisse zu erwerben. Das betrifft besonders (i) das Funktionieren der Ozeane (ii) ihre Beziehungen zu anderen terrestrischen Phänomenen und die Faktoren, die diese Funktionen beeinträchtigen; (iii) die Ökologie der Arten, die wir am meisten in Guinea verwenden und die bedroht sind, etc. Dies sind Dinge, die wir gerne mit Illustrationen und Erklärungen verstehen und uns aneignen möchten. Ein Workshop dieser Art hier an diesem Anlandeplatz könnte die Tinte zum Laufen bringen, weil es das ist, was wir brauchen, aber niemand denkt darüber nach.

Jetzt auf der Ebene der Regulierung ist es an der Zeit, die Maßnahmen umzusetzen. Das ist die einzige Lösung, um gegen die schlechten Praktiken zu kämpfen, die die Gesundheit der Ozeane gefährden. Wo es noch keine Maßnahmen oder Regelungen gibt, müssen dringend relevante Gesetze erlassen werden. Die mangelhaften Praktiken, die eine Regulienrung erfordern, betreffen (i) illegale, unregistrierte und unregulierte (IUU) Fischerei sowohl für den handwerklichen als auch für den industriellen Sektor; (ii) die Meeresverschmutzung durch die Mineralstoffindustrie und den Transport von Kohlenwasserstoffen (Öl).

MM: Welche Rolle spielen lokale Maßnahmen? welche internationale oder globale? Wie sollen die verschiedenen Ebenen miteinander verzahnt werden?

Dekan SoumahWie ich bereits gesagt habe, wir mmüssen wir auf lokaler Ebene Initiativen prüfen, die sich konkret auf die Schulung und Sensibilisierung von Gemeinschaften konzentrieren, indem wir ihnen leicht verständliche Lehrmittel zur Verfügung stellen. Diese Instrumente müssen ihnen helfen, die Funktionsweise und Bedeutung der Ozeane als Ökosysteme sowie die Faktoren zu verstehen, die die Verschlechterung ihres Zustandes verursachen und welche diesen Prozess vorantreiben. Ich möchte Ihnen sagen, dass wir bereit sind, die Idee eines Trainings mit Ihnen in Guinea anzupacken, wenn Sie uns helfen können, Wege zu einem dreitägigen Workshop zu finden.

Jetzt müssen die Staaten auf regionaler oder globaler Ebene in den verschiedenen supranationalen Institutionen (der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS), der Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion (UEMOA), der Afrikanischen Union (AU)) diese internationalen Bedrohungen anzugehen. Subregionale NRO spielen auch auf internationaler Ebene eine Rolle, wenn es darum geht, Wege zu finden, wie Gemeinden erreicht werden können. Ansonsten bleiben ihre Aktionen in der Öffentlichkeit wenig bekannt.

MM: Was ist Ihr größter Wunsch für den Ozean?

Zunächst einmal müssen die Menschen (insbesondere die Fischergemeinden) verstehen, dass diese Großzügigkeit des Ozeans, auf die wir uns bisher verlassen haben und auf die wir angewiesen sind, mit unseren Praktiken nicht mehr gewährleistet werden kann. Diese Gemeinschaften verstehen, dass „die Wiederherstellung des Zerstörten nicht garantiert ist, weil es leichter zu zerstören als zu aufzubauen ist“. Dafür müssen wir alles tun, um ihnen zu helfen, das Problem mit Hilfe der Visualisierung von Medien zu verstehen. Wir brauchen nicht so viele Reden. Schließlich wünsche ich, dass strenge Gesetze geschaffen und durchgesetzt werden, um diejenigen zu bestrafen, die die Gesundheit der Ozeane kompromittieren, unabhängig von der Art der Aktivität, die zur Verschlechterung führt.

Das Interview wurde von Aliou Sall für Mundus maris geführt.